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Kaum war es mal einen Tag lang trocken und die Sonne kam heraus, drehte sich ein Tiefdruckgebiet über uns hinein und Regen und Sturm kamen an.

Nun sind fast alle Blätter von Bäumen und Büschen gefallen, unser Rasen liegt voll von ihnen - und von abgerissenen Zweigen. Ich könnte mir eine bessere Beschäftigung als Laubharken vorstellen.

Das kalte schneeregenversetzte Novembergrau ist einem warmen Novembergrau gewichen. Das Thermometer zeigt 15 Grad Celsius - in der Nacht. Um 17 Grad am Tage. Ich habe alle Blumentöpfe, die wegen der Fast-Null-Temperaturen nach drinnen gezogen waren, wieder hinausgestellt. Die Eichhörnchen haben ihre Vergrabe-Tätigkeiten temporär eingestellt und ruhen sich erst einmal aus. Irgendwie fühlen wir uns in eine falsche Zeitschleife gefallen ...

Außerdem ist jetzt die Zeit für das Setzen der Tulpenzwiebeln. Aber sowas von. Höchste Zeit. Der niederländische Züchter meines Vertrauens hat wieder verlässlich die begehrten bestellten Zwiebeln geschickt. Und ich hoffe auf eine schöne Blüte im nächsten Jahr. Und darauf, dass es nicht wieder so viel regnet wie im letzten Winter mit diesen scheußlichen Überschwemmungen, dann sollte es werden. Nein, wir waren nicht überschwemmt, aber nicht weit von uns war das schon und der Gartenboden war vollgesogen wie ein Schwamm. Nicht förderlich für Tulpenblüten.

Und so hocke ich im Garten und grabe Löcher und lasse immer eine Tulpenzwiebel hineinfallen. Hemmi Eichhorn sitzt daneben, ganz genau schauen was Mensch da macht. "Nein, das darfst du nicht wieder ausgraben, kleines Eichhörnchen. Das ist keine Nuss." Und ich hoffe, sie versteht das. Außerdem glaube ich, daß sie heimlich den Kopf über mich schüttelt ... denn so perfekt wie ein Eichhörnchen Nüsse vergräbt, so kann ich das lange nicht.

19ter November, 7.30 Uhr. Vorn auf der Straße rumpelt die Müllabfuhr. Es ist noch dunkel, ich höre ein Rauschen vor dem Fenster. Das ist der Regen. Seit gestern Abend fällt er, nicht stark, aber unaufhörlich. Die hochgezogene Jalousie vor unserem Ostfenster gibt ein beschlagenes Fenster preis. Wir wischen das Fensterglas innen trocken ... die Sicht wird nicht besser, von außen läuft der Regen über das Glas. Den Regen einfach wegwischen, das wär's doch. So wie die Pfützen auf der Terrasse. Der Wetterfrosch sagt, es könnte später in Schnee übergehen. Damit der Erwartungshorizont positiv bleibt, rechnen wir lieber nicht damit, sondern mit REGEN. Und hell wird es erstmal gar nicht.

Aber tatsächlich, am Nachmittag mischen sich erste Flocken unter den Regen, immer mehr und immer mehr. Und dann wird es weiß, der Rasen, das Weglein vorm Haus, weißer Flockenwirbel stiebt um die Fenster und die Vögel verkriechen sich in die Kletterrosen unterm Dachvorstand. In Schnabelreichweite die Körnerschale.

Als wir zu Bett gehen ist fast alles Weiß schon wieder fort. Getaut.

Kennt ihr Rothörnchen? Rothörnchen sind das Pendant zu unseren Eichhörnchen hier in

Deutschland unserem Garten. Rothörnchen leben in Nordamerika und im Zoo Hannover. Das Gehege, nein es ist ein Käfig, also der Käfig ist klein, so ein Toben wie bei uns im Garten durch die Bäume und Büsche und so ein Springen von Baum zu Baum wie unsere Hemmis das tun, das ist nicht möglich, weil kein Platz.

Wir haben schon oft vor dem Käfig gestanden und immer hatten sich die Hörnchen versteckt und keine Lust auf Menschen. Aber jetzt zum Ende des Jahres hin, da sind auch sie von dem Drang Futter zu Vergraben und zu Verstecken erfüllt und so kam es: ein Rothörnchen flitzte durch den Käfig, war sehr busy und als es dann müde wurde setzte es sich auf einen Zweig um mich ganz genau anzusehen. Wir hatten eine lange Unterhaltung, was heißt, dass ich redete und Hörnchen mich ansah.

Dann kamen andere Zoobesucherinnen dazu und nutzten die Gelegenheit fürs Fotografieren und da sie den Blitz benutzten (vollkommen sinnlos, denn das, was sie anblitzten, war das Gitter) ging das Hörnchen wieder hinein. Und ich sagte vorwurfsvoll: "Tiere mögen es nicht mit dem Blitz geblendet zu werden. Sie würden das auch nicht mögen." Und die Zoobesucherinnen neben mir schauten mich völlig verständnislos an - und drehten sich wortlos um und gingen.

Hatte ich erwähnt, dass wir im Zoo waren? So eine Jahreskarte hat den Vorteil, dass man mal eben hinein kann und wenn es blöd ist, das Wetter blöd ist, der Andrang blöd ist - oder die Tierchen einfach nicht hinaus kommen wollen - dann kann man einfach wieder gehen. Oder um die Ecke in den Stadtpark und dort bummeln. Dort ist es nie zu voll.

Aber am letzten Samstag war es ok, wir waren für einen Samstag viel zu früh aufgestanden, in Erwartung des Sonnenscheins pur und hatten dann alle Pläne neu geplant und waren in den Zoo gegangen. Für Samstag war es leer. Die Thermoskanne mit heißem Kaffee hatten wir mit den Plänen gecancelt, weil "im Zoo können wir doch einen Kaffee kaufen, da müssen wir uns nicht abschleppen". Ja, das war dann nichts. Nicht nur die Bootsfahrten auf dem Sambesi-Flüsschen-Nachbau waren eingestellt, auch der Rest Sambesi war dicht, also Shop und Imbiss und Getränkeversorgung. Einfach zu. Nur das Klo war offen.

Die Erdmännchen waren gar nicht erst aufgestanden, die Stachelschweine lagen fast unsichtbar unter ihrer Wärmelampe. Die Giraffen waren nicht draußen, nur einige Antilopen und Zebras und der Strauß. Die Löwen schliefen. Vom Nachwuchs war nichts zu sehen, das junge Männchen Tayo ist auch schon davon gezogen, in einen Zoo nach Spanien. Die beiden Schwestern werden auch bald gehen.

Was wir sahen, waren die Flamingos und Pelikane, die sich offensichtlich langweilten und gekrault werden wollten. Auf eigene Gefahr natürlich ... Ich traute mich und fand das Gefieder sehr fluffig weich.

Überall verteilt standen Kisten für den "Christmas Garden Zoo", der am 21.11. beginnen wird und der Aufbau war im Gange. Der Weihnachtsmann kletterte schon einmal den Eulenturm hinauf und erste Lichterketten spannten sich um die Wege. Wir aber waren im Herbstmodus und hatten mit Weihnachten noch nichts am Hut.

Kaffee gab es erst in Yukon Bay, zwei schlafende Eisbären vor Augen. Die Baumstachler schliefen auch, im Baum, wo sonst ... Die Roten Pandas ebenso. Vor dem Gehege stand ein Zoo-Scout, schon älter, und erzählte. Unter anderem davon, dass die Fläche vor dem Gehege und dem Graben eigentlich tiefer hätte sein sollen und das hätten sie dann zurückgebaut. Weil Zoobesucher sie als Picknickfläche genutzt haben, samt Tisch und Stühlen. Er verstünde nicht, dass diese Leute kein Zooverbot für alle Zukunft erhalten hätten und ich verstehe das auch nicht. Ja, diese Besucher wären aus einem anderen Kulturkreis gewesen, sagte er. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das keine Voraussetzung für so ein Fehlverhalten ist.

Im Sommer, als es mal einen Tag richtig warm war, sahen wir vor dem Elefantengehege zwei Mütter, die ihre kleinen Töchter nackt auszogen damit die im Wasserbecken baden konnten. Da hatte die Zeitung gerade einen Aufmacher mit Pädophilen gehabt. Da war kein anderer Kulturkreis, da war einfach die Mikrobe der menschlichen Dummheit. Im Moment wütet sie in den USA.

Am Sonntag war der Geburtstag Martin Luthers, am Montag Feiertag zu Ehren des Heiligen St. Martin. Martinstag. Vor vielen Jahren bin ich an diesen Tagen von Haustür zu Haustür gezogen und habe gesungen:

Matten matten mähren

die Äppel un die Bären

lat uns nich so lange stahn

wi wulln noch nach Bremen gahn

Bremen ist ne grote Stadt

da given alle Lüe wat.

Und später gingen und sangen meine Kinder. Aber in diesem Jahr kam niemand.

Für Gestern hatten die Wetter-Apps uns Sonne angekündigt. Sonne pur. Wir machten Pläne für etwas 'Draußen' und frühes Aufstehen. Morgens früh ging die Sonne gar nicht erst auf, sondern blieb hinter einer Wolkendecke. Die Wetter-App kündigte den Sonnenschein erst für 10 Uhr an, dann für 11 Uhr, dann für 12 Uhr. Jedesmal wenn ich schaute hatte es sich um eine weitere Stunde verschoben. Abends hatten wir Null Stunden Sonne gehabt.

Wir wanderten enttäuscht für ein Stündchen durch den Zoo. Zu Hause warteten die Hemmis. Wo wart ihr nur? Wir liefen mit Nüssen und Apfelstückchen um die Bäuchlein zu füllen.

Und - nur um daran zu erinnern, wie Sonnenschein aussieht - hier ein Foto vom Eichhörnchen in der Sonne.

Das Wetterkarussell dreht und dreht sich und so kamen nach Kälte und blauem Himmel eine große Portion feuchte Luft und Novembertrübe an. "Passt" dachte ich in den letzten zwei Tagen, "passt ausgezeichnet zu meiner Stimmung." Es wurde den ganzen Tag über nicht hell.

Die feuchte Luft war so fröstelig, dass ich einen dicken Pullover aus dem Schrank herausholte. Denn die Blätter fallen und fallen und ich bin im Garten und sammle und sammle. Unsere Bäume hatten Raupenbefall und irgendeine Blattkrankheit, wir wollen doch nicht, dass das mit den Blättern im Boden überwintert. So fehlt die wärmende Blattschicht am Boden, aber man kann ja nicht alles haben. Also sammele ich Blätter.

Familie Hemmi Eichhorn, derzeit 4 Mitglieder stark, sammelt ebenfalls. Nüsse - und warme Schafwolle aus meinem Vorrat zum wärmenden Auspolstern der Kobel. Der Hemmi-Pelz ist flauschig dick geworden, zum Knuddeln schön sind sie - nur dass sie nicht geknuddelt werden mögen. Nicht anfassen! Ach schade. Aber die Nüsse, die werden geholt und gegessen und, wenn die Hemmis satt sind, werden die restlichen Nüsse vergraben, versteckt vor den Familienmitgliedern. Und dann, vermeintlich unbeobachtet, wieder herausgeholt und gegessen.

Immer wenn man denkt, schlimmer ginge es nicht ... dann doch. Wir wachten in eine Welt auf, in der es einen amerikanischen Präsidenten Trump geben wird. Ich zögerte lange einen Blick auf das Smartphone zu werfen, ich hoffte auf das Wunder. Und es kam nicht. Ich konnte es nicht fassen. Und kann es immer noch nicht. Da war nichts knapp im Wahlergebnis, das war so deutlich und das fasse ich nicht.

Bedenkenswert, wer so alles freudestrahlend zur Wahl gratuliert hat: Orban, Meloni und Bolsonaro, Netanjahu und die Taliban, ja, die Taliban.

Und dann warfen sich die Politiker in Berlin die Schäufelchen an den Kopf und das war das Ende unserer Regierungskoalition. Der Kanzler warf den Finanzminister hinaus. Da war der Wirtschaftsminister so fassungslos wie ich heute morgen. Und wie jetzt.

Wir werden also im nächsten Jahr wählen, wahrscheinlich früher als sowieso schon geplant. Mir wird ganz schlecht, wenn ich an die letzten Wahlergebnisse in den Neuen Bundesländern denke. Deshalb müssen wir alle Demokraten mobilisieren zu wählen, damit die Populisten kein Bein an die Erde bekommen, weder die rechten noch die linken. Das haben wir vor knapp einem Jahr ja auch schon mal geschafft mit den Demos für die Demokratie.

Und trotzdem möchte ich schreien: "Habt ihr sie noch alle?"

Was ich heute, am 5ten, machte? Ganz einfach. Ängstliche Sorgen.

Zum Teil lag das an einem Zahnarzttermin, gleich morgens früh, der sich der Wurzeln eines meiner Backenzähne widmen sollte und tat. Bei Zahnarztterminen bin ich nie ruhig und mein Blutdruck... Ach, lieber nicht darüber schreiben. Dieser Teil an Sorgen und Ängste verging, als der Termin fortschritt und verging.

Der andere Teil aber blieb. Wir sitzen jetzt am Abend hier im herbstlich-kalten Hannover und schauen besorgt nach Amerika. In die USA. Und hoffen auf die Demokratie. Wie überhaupt können Menschen so dumm sein und jemanden wählen, der die Demokratie demontieren will?

Aber auch hier bei uns - wie können Menschen so dumm sein und die Nazis wählen? Denn das sind sie, die so tun als stünden sie auf dem Boden der Verfassung, die sie aber demontieren wollen. Das ist ein Mechanismus, den es schon einmal gab und dann kam das Dritte Reich. Haben wir vergessen, daran zu erinnern? Waren wir zu selbstüberzeugt, das könnte nicht mehr passieren? Und schaut zu den Populisten in den anderen Ländern um uns herum. Und wieso, wieso tun unsere Politiker, unsere Regierung, nicht das, wofür sie gewählt wurden? Und verhalten sich wie Kindergartenkinder, die versuchen, sich die Schäufelchen fortzunehmen und sich mit Sand zu bewerfen? Gerade jetzt. Alle Medien schauen nach Amerika, wir auch, und fast unbemerkt zoffen und demontieren sich die Regierenden.

Mir fällt es gerade sehr schwer, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen. Dabei bin ich das meinen Kindern doch schuldig, oder? Ich kann doch meinen Kindern nicht sagen, wie ich Politik und alles Globale finde. Und wie wenig Zuversicht ich habe, dass es besser wird. Und deshalb: Ängstliche Sorgen.

Im November angekommen. Der Hochnebel und die Regenwolken sind fortgezogen, die Sonne scheint, dafür ist es kalt geworden in langen Nächten.

So schnell sind die Monate seit Neujahr an uns vorbei gezogen, jetzt sind wir schon im Endspurt. Ist das eine Folge meines Alterns, meines Alters, dass alles jetzt so schnell vorbei huscht? Halloween ist an uns vorbei gehuscht ...

Wir hörten, im Viertel nebenan wäre wieder Randale gewesen, die Martinshörner unüberhörbar, Pyro zischend durch die Dunkelheit. Seit die Jugendlichen Halloween als Anlass für Krawall und Pyro und Feuer in Müllcontainern und Gewalt gegen die Ordnungshüter nehmen, habe ich so gar keine Lust mehr auf das Fest. Entsprechend gab es bei uns NIX ...

Sowieso waren wir am Halloween-Abend nicht da. Etwas bange schauten wir am nächsten Tag auf Haus und Garten, aber alles war unversehrt.