Januar 2020
Di
28
Jan
2020
Hatte ich geschrieben, dass wir nicht die einzigen Besucher im Berggarten waren? Also - nicht, dass Ihr denkt, es waren außer uns nur Graugänse und Raben dort - nein, nein. Es gab auch die Eichhörnchen-Connection. Womit ich nicht die Eichhörnchen selbst meine - obwohl es dort von den Hörnchen auch eine ganze Menge gibt. Nein, ich meine die Eichhörnchen-Fotografen. Für Fotos von Eichhörnchen in weiß-gefrorenen Beeten wird früh aufgestanden.
Man könnte glatt meinen, es gäbe nur im Berggarten diese Tiere. Das stimmt natürlich nicht, es gibt sie in der Eilenriede, im Tiergarten, in unserem Garten ... Aber im Berggarten werden sie umhätschelt, jeder bringt Nüsse mit, lockt sie - und sie kommen deshalb zutraulich nahe. Wer nicht aufpasst, dem klettern sie die Beine hoch, fassen in die Jackentaschen, turnen auf die Rückenlehne der Bank und schauen, was man in der Handtasche hat. Uuh - wie süß. Eine ganz bestimmte Bank ist das, dicht am Moorweiher, fest in den Fotografenhänden, die hier mit ihren Rucksäcken so etwas wie Handtuch-am-Pool-Strategie betreiben. (Wir haben es mal gewagt, uns auf die leere Bank zu setzen und prompt kam ein Fotografen-Paar und guckte böse. Sie stellte sich dann einen Meter entfernt vor mir hin und drehte mir den Rücken zu. Das war so unverschämt dreist, da hat unsere Pause gleich noch länger gedauert.)
Fotografen-Schlaraffenland. Wilde Tiere, die gar nicht so wild sind, aber man kann so tun als ob. Am Frostmorgen im November standen tatsächlich 6 Männer und Frauen um diese Bank herum, ausgerüstet mit allem, was ein Eichhörnchen-Fotograf so brauchen könnte. Und die Hörnchen bettelten.
Als wir am Dienstag vor einer Woche durch das Berggartentor gingen und als erstes die wunderbar blühende Winterkirsche bewunderten, hörte ich hinter mir schon eine männliche Stimme, die "Hörnchen ... Hörnchen" rief. (Ab und zu kommen sie den Besuchern hier schon entgegen, aber derzeit wird die Umfassungsmauer saniert, mit viel Lärm, da kommt niemand.)
Ein Mann, 70plus, ausgerüstet mit diversen Fototaschen, ging an mir vorbei.
5 Meter dahinter kam die offenbar dazugehörige Ehefrau 70plus, sie schleppte das große Stativ. Ich sah meinen besten-Ehemann-forever an und sagte: "Denk so etwas gar nicht erst." Er grinste nur.
Die Eichhörnchenbank war wieder einmal belegt mit Rucksack und Taschen und Jacken, daneben stand ein Mann in Bundeswehr-Tarnanzug. Ich blickte mich suchend nach seinem Zelt um, aber das war wohl zu gut getarnt. Mitten im Weg stand ein Stativ mit kopfüber hängender Kamera, knapp zwei Meter davon entfernt stand ein Kinderspielzeug-Unimog, die Ladefläche voll mit Nüssen. Darauf saß ein Hörnchen und fraß. Ab und zu machte es Klickediklick, dann hatte der im Tarnanzug auf den Fernauslöser gedrückt. 40 Kilometer sei er gefahren, um mal ein Hörnchen zu sehen, oh ja. Bei ihm gäbe es keine Hörnchen und keine Vögel. Oh ja. Unser Mitleid war soo bei ihm. Ob wir, der Blick fiel auf unsere Kameras, auch Eichhörnchenfotos machen wollten. Ach nein, sagte ich, bei uns wohnen mehrere im Garten, das reicht uns. Sie ignorieren uns. Aber handzahm sind sie nicht und wollen wir sie nicht. Und auf Kinderspielzeug würden wir sie nie locken. Dann drehten wir um und suchten uns eine schöne sonnige Bank - ohne Fotografen.
So
26
Jan
2020
Hallo, hallo ...
Ich bin Hemmi Harriet Eichhorn. Ich hätte gerne eine Walnuss. Bist du da, Mensch?
Hallo ... Bitte ... eine Nuss??
Fr
24
Jan
2020
So sehr viele frostige Nächte hatten wir in diesem Winter noch nicht. Deshalb freuen wir uns, wenn es dann endlich einmal so kalt ist.
Und weil weiß-gefrorene Beete so reizvoll sind, sind wir kurzentschlossen nach Herrenhausen gefahren. In den Berggarten. Und obwohl es eigentlich ein normaler Wochenarbeitstag war, waren wir beileibe nicht die einzigen Besucher.
Diese Graugans zum Beispiel. Sie betrachtete mit Expertenblick die große Wiese und nahm ein paar Häppchen gefrorenes Gras. Graseis - ob das schmeckt? Die Raben waren zu zweit unterwegs. Sie hatten offenbar Lust auf Gansärgern und pirschten sich immer weiter an. Und die Graugans nahm etwas pikiert und würdevoll Reißaus.
Wir wunderten uns, wie diese drei die Geräuschkulisse um sie herum so komplett ignorieren konnten. Denn die Gärtner waren busy. Die Bäume der Lindenallee mussten zurückgeschnitten werden. Krach, viel Krach, die Wege abgesperrt. Vertrocknete Blütenstände im Staudengrund mussten zurückgeschnitten werden. Zwar lautlos, aber: Wege abgesperrt. Die Wege rund um den Moortümpel mussten eine neue Deckschicht erhalten. Auch hier: Wege abgesperrt. Es war gar nicht so einfach, sich durch den Berggarten zu bewegen.
Nur im 'Paradies' war niemand. Das 'Paradies' ist der verwunschene Ort in der Mitte des hinteren Gartenbereichs, so dichtgewachsen, dass man meint, der einzige Mensch im Garten zu sein. Es wurde 1834 angelegt und ist mit all seinen Heidepflanzen und Azaleen sehr prächtig. Nur richtig ruhig war es auch hier nicht.
So
19
Jan
2020
Ganz ungewohnt schien mir am Morgen die Sonne ins Gesicht. Gut "am Morgen" trifft es nicht ganz, es war kurz nach 8 Uhr und fast ganz Deutschland schon längst auf den Beinen und auf dem Weg zu Schule und Job. Aber ich bin eine Nachteule, die bis Mitternacht am Schreibtisch sitzt, und konnte ohne Termine am Tag einmal länger schlafen. So weckte mich die Sonne. Wow. Endlich wieder Sonne.
Und so warf ich alle Pläne und das ausgiebige Frühstücken über den Haufen und ging in den Garten. Die Temperaturen waren deutlich im Plusbereich, im zweistelligen. Die Vögel zwitscherten, die Meisen riefen nach dem Partner.
An der hinteren Garagentür blühte bereits der Winterjasmin und in den Beeten schauten die Krokusse, Märzenbecher, Schneeglöckchen, Narzissen und Tulpen aus der Erde. Ich finde, damit sie einen guten Auftritt auf der Frühlingsbühne haben können, müssen die alten heruntergefallenen Blätter und die vertrockneten Herbstastern aus den Beeten heraus. Und ich holte meine Handschuhe und die Gartenschere. So früh im Jahr habe ich das noch nie gemacht. Aber es war richtig, richtig gut: drei Stunden Gartenluft und Bewegung.
Und das Schönste ist, dass jetzt die Winterlinge aus den Beeten strahlen. Denn die ersten blühen bereits.
Inzwischen hat es sich abgekühlt. In den nächsten Tagen soll es weiter kälter werden, in den Nächten auch mal unter den Gefrierpunkt. Winter eben. Ich bin gespannt.
Fr
17
Jan
2020
Wenn uns in trüben Januarwochen die Decke auf den Kopf fällt und wir dringend etwas Sommer-Wärme-Gefühl benötigen ... Wir fahren dann hinaus nach Herrenhausen und gehen in den Berggarten.
Im Berggarten gibt es nicht nur die wunderbaren großen Schauhäuser für alles rund um Orchidee und Kaktus. Es gibt links und rechts neben dem Schmuckhof (das ist der Bereich zwischen Bibliotheksgebäude und Schauhäusern) auch kleine, tief in die Erde gebaute Gewächshäuser, nur die Dächer schauen heraus: die Erdgewächshäuser. Als Kind habe ich mir die Nase an den Fensterscheiben plattgedrückt. Denn drinnen standen Kakteentöpfe, groß und stattlich, klein und zierlich, aber immer prächtig. Mit Blüten. Ich weiß nicht warum, aber Kinder sind von Kakteen fasziniert. Auch meine Kinder hatten ihre Kaktus-Phase und ihre Fensterbänke konnten nicht groß genug dafür sein.
Seit einigen Jahren sind zwei der Erdgewächshäuser für Besucher offen.
Hier ist Wüste, hier ist es entsprechend warm und trocken.
Aber erst einmal muss Frau/Mann die Stufen hinab steigen. (Nein, das ist nicht barrierefrei, aber drinnen ist es das auch nicht und muss es auch nicht.) Dann steht man mit den Augen auf einer Höhe mit dem Erdboden, eine ganz neue Perspektive auf den Schmuckhof. Auch nicht schlecht.
Aber wir wollten ja in die Häuser. Der Eingang ist an der kurzen Seite, ganz hinten, versteckt.
Sie sind so gestaltet, dass man meint, durch ein trockenes Flussbett zu gehen. Und zu beiden Seiten stehen die Pflanzen.
Im ersten Haus wachsen die Sukkulenten, Agaven und Kakteen Amerikas. Und Yuccas - Autsch. Man muss schon ziemlich aufpassen, sich nicht zu stechen.
Im zweiten Haus ist Afrika, die Kanaren, etwas Südeuropa. Aloen stehen hier und auch wunderbare Sukkulenten, Wolfsmilchgewächse und - Autsch. Wer sich für ein gutes Foto bückt oder in die Hocke geht muss aufpassen - Autsch autsch.
Sie sind etwas für Entdecker, denn in diesen Wüstenhäusern verstecken sich blühende Schönheiten. Und wir hatten sie exklusiv für uns, denn während sich in den großen Gewächshäusern die Besucher auf die Zehen traten, war hier ... außer uns ... niemand. Ich hätte stundenlang bleiben können.
Sa
11
Jan
2020
Die Januartage sind bisher trüb und dunkel. Grau - grau - grau. So ein nasses Grau. Matschgrau. Depri-Grau. Von Frost oder gar Schnee keine Spur.
Farbtupfer - und sind sie auch noch so klein - wärmen unsere Seele.
Ich weiß nicht, wie diese Sukkulente heißt, aber sie blüht phantastisch im Gewächshaus des Berggartens Herrenhausen. Orange. Meine Lieblingswohnfarbe.
Mo
06
Jan
2020
Ich habe es schon in den Vorjahren erzählt. Unsere familiäre Weihnachtszeit dauert immer bis zum 6. Januar und den 'Heiligen Drei Königen' und erst danach verschwindet das Weihnachtliche in Kisten und Schachteln und der Winter hält dekortechnisch Einzug.
Auch von den 'Drei Königen' habe ich schon erzählt. Aber noch nicht, wie es mit ihnen weiterging. In Köln.
Die 'Heiligen Drei Könige' waren Magier, Gelehrte, vielleicht auch Könige, die nach Bethlehem kamen um dem neugeborenen Jesus zu huldigen. Wer und wie viele sie wirklich waren, ob es sie überhaupt gab, ob sie tatsächlich mit Weihrauch, Gold und Myrrhe kamen und was aus ihnen wurde ... das liegt im Dunkel der Vergangenheit. Aber offenbar gab es sehr schnell Geschichten, die über sie erzählt wurden. Die Geschichten entwickelten sich. Am ausführlichsten sind die im 'Breviarium Coloniense' aus dem Jahr 1521.
Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin (das ist der, der von 306 bis 337 Kaiser von Rom war, Konstantinopel gründete und 326 seine Frau und seinen ältesten Sohn ermorden ließ, aber über Letzteres spricht man nicht gern), ging 326 auf Pilgerfahrt ins Heilige Land, ja in dem Jahr in dem ..., und fand dort auf wundersame Weise die Skelette der schon lange, lange verstorbenen 'Drei Könige'. Und nahm sie gleich mit sich zurück nach Konstantinopel.
Von dort soll sie ein Bischof nach Mailand gebracht haben. Sie kamen in einer Kirche außerhalb der Stadt in einen Sarkophag. Heiligenverehrung war damals noch 'out', Märtyrer waren 'in'.
Dann kam Kaiser Friedrich I. (bis 1190 König/Kaiser des deutsch-römischen Reichs) und belagerte und zerstörte Mailand im Jahr 1162. Die Überreste der 'Drei Könige' durfte sein Berater, der Kölner Erzbischof mit sich nehmen. Die Sicht auf diese Reliquien hatte sich verändert, ihr Besitz verschaffte inzwischen höchste politische Macht. Der Erzbischof tourte zunächst mit ihnen durch die Städte seiner Reiseroute, ließ Messen lesen und steigerte so den Bekanntheitsgrad. Als er nach fast zwei Monaten Ende Juli 1164 in Köln ankam, wurde Köln zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte der damaligen Welt.
Marketing. Die Pilger kamen in Strömen.
Die Gebeine kamen in den damaligen Kölner Dom, den Vorgänger des heutigen. Wahrscheinlich waren sie sogar ein (Mit-)Grund für den Domneubau.
Und ein Behältnis für sie musste her, der Bedeutung und Wichtigkeit angemessen. Vom damals besten Goldschmied weit und breit. So entstand in 40 Jahren der Dreikönigenschrein, eine ganz fabelhafte, wunderschöne Goldschmiedearbeit, prächtig, prächtig. Er steht nach wie vor im Dom, inzwischen in einer Glasvitrine, und nach wie vor enthält er die Reliquien der 'Heiligen Drei Könige'. Oder?
1864, 700 Jahre nach Erhalt der Reliquien, schaute man nach, ob noch alles in Ordnung ist. Der Schrein enthält tatsächlich drei Skelette (eines 12-, eines 30-, eines 50-Jährigen), natürlich nicht komplett, und noch einige Knochen mehr von anderen Heiligen. Die Köpfe der 'Drei' kamen auf ein Häupterbrett in der Goldverpackung. Und wenn jährlich am 6. Januar an der Giebelseite des Schreins die mittlere Platte entfernt wird, können die Gläubigen und Neugierigen im Dom sie sehen:
Die Heiligen Drei Könige
Oder?
Ganz aktuell und ausnahmsweise dieses Jahr bleibt der Schrein bis zum 12. Januar 2020 geöffnet.
Die Fotos aus dem Dom-Innenraum zeige ich mit freundlicher Genehmigung des Dombauarchivs Köln. Ich hätte gerne noch mehr gezeigt, aber für die Genehmigung muss jedes Foto eingereicht und dann mit vorgeschriebenem Text auf den Blog gestellt werden und das kostet Zeit, Nerven und meinen Spaß am Zeigen.
So
05
Jan
2020
Ich hatte gedacht, die unfreundliche Mail der Tochter einer Scherenschnittkünstlerin sei ein Ausrutscher des Jahres 2020, weil - es ist ja noch jung und unerfahren, aber wenn ich mir die Nachrichtenlage so anschaue bin ich mir nicht mehr sicher, ob mir dieses Jahr gefallen wird. Was sich in der Welt so abspielt ... was sich in den USA so abspielt ... was sich mit den USA so abspielt ... wie es im Krefelder Zoo gebrannt hat ... wie es in Australien brennt ... dabei sollten wir Menschen alle gemeinsam dafür Sorge tragen, dass unsere Welt nicht einfach verschwindet ... und statt dessen sehen wir dieses Machthabergeprotze und Kriegsspielchen und puren Egoismus und Nationalismus und überall ploppen die rechten Idioten auf.
Der Kolumnist unserer Tageszeitung schrieb, er wünsche sich, dass es an der Tür klingele, ein Engel stehe davor und sage 'Mach dir keine Sorgen, wir arbeiten dran, wir haben alles im Griff.' Und das wünsche ich mir auch. Er müsste sich nicht um die kleinen Dinge kümmern, nicht um die Schadstoffe in den Kassenzetteln, nicht um die hannoversche Stadtverwaltung, nicht um den Zustand der Brücken und Straßen und die Krankenpflege, das schaffen wir schon. Aber um das große Ganze, da braucht die Menschheit dringend Hilfe. Und war nicht gerade Weihnachten? Frieden auf Erden?
Bevor ich davon 'depri' werde, ist es höchste Zeit für etwas Nettes, für etwas Schönes, etwas, das die Seele wärmt:
Die Fotos von unserem letzten Schaufensterbummel durch die hannoversche Innenstadt.
Denn die Steifftiere waren nicht nur in Köln, sie waren auch wieder in Hannovers Kaufhof im Schaufenster. Dieses Mal mit dem Zirkus.
Der Zirkus heißt Roncalli, es gibt ihn nicht nur bei Steiff, es gibt ihn wirklich. Ich kenne ihn, ich liebe ihn, seit er mit der 'Reise zum Regenbogen' das erste Mal in Hannover war und stand in der langen Schlange unweit der Waterloo-Säule für den Einlass. Das war Anfang der 1980er-Jahre, vor unglaublichen 40 Jahren, und das Eintrittsgeld hatte ich mühsam erspart. Die Reise zum Regenbogen war bezaubernd und hat meine Vorstellung von Zirkus für immer entscheidend geprägt, deshalb hat mich das Steiffsche Roncalli-Treiben unendlich entzückt. Übrigens nicht nur mich. Die Menschentraube vor dem Fenster war riesig.
Es gab die Roncalli-Zirkuswagen, Elefanten und Giraffen (die doch gerade aus den Zirkussen verbannt werden) da wurde geschlafen, Kostüme anprobiert und geschminkt, in der Pause geprobt und Karten gespielt und Snacks verkauft. Und die Affen machten Blödsinn.
Danke an Galeria Kaufhof. Danke an Steiff.
Do
02
Jan
2020
Ich habe lange überlegt, womit ich das Jahr 2020 beginnen lasse. Mit langem Schlafen natürlich, ich weiß, den Luxus hat nicht jeder, nicht die vielen Pflege- und Servicekräfte, die Polizei, die Feuerwehr, die Notfalldienste, alle die, die einen Hund haben ...
Aber ich habe lange ausgeschlafen, aus Notwehr, damit mir nicht wieder gesagt wird, wie müde ich doch aussähe. Und dann habe ich gedacht, schreib doch etwas. Aber was? Ich wüsste da so einiges aus der Stadt, aus dem Berggarten, von der Frostluft und dem dicken Nebel der Neujahrsnacht, aber ich glaube, ich lasse Euch damit noch warten.
Denn heute Mittag kam eine Mail. Ganz ehrlich, so etwas verschickt man nicht am ersten Tag des Jahres. Also nette Menschen, normale Menschen tun das nicht. Schon gar nicht in dem Ton und mit Rechtschreibfehlern in der Unterschrift. Aber sie kam:
"Sehr geehrte Frau Keese, auf Ihrer Homepage habe ich gesehen, dass Sie Motive meiner Mutter, Eva T., auf eier machen und diese auch zum Verkauf anbieten (Zwerg, Hasen, Blumen Gans, Enten, ...). Diese Motive sind urheberrechtlich geschützt und Sie machen sich strafbar, wenn Sie diese verkaufen oder ohne Erlaubnis ins Internet stellen.´- und das kann sehr teuer werden. Ich bitte Sie, diese Abbildungen vom Internet zu entfernen und diese auch nicht mehr zum Verkauf anzubieten!!! Ansonsten fühle ich mich gezwungen, die Angelegenheit der Rechtsabteilung weiterzugeben, was für Sie hohe Kosten verursachen würde. Ich bitte um Rückmeldung und um Erledigung. Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen Chrisitne K."
Ich hätte Entwürfe der Mutter für Ostereier verwendet (diese pauschale Aufzählung aller Motive ist einfach Blödsinn) und ein Foto davon auf meinem Blog und würde damit handeln und sollte ich das nicht unverzüglich unterlassen, würde es sehr teuer für mich? Ich dachte, ich lese nicht richtig. Ich hatte mit allem möglichen bezüglich einer Abmahnung gerechnet, jeder der einen Blog schreibt und Fotos postet steht ja ständig mit einem Bein im Gefängnis wegen Copyright und Fotorechten und überhaupt. Aber mit einem Scherenschnitt-Osterei aus den 90ern, dessen Pendant ich damals für den Osterbasar unseres Kindergartens gestiftet hatte, mit einem Foto aus 2016 von meiner privaten Sammlung? Und dann die Unterstellung, ich würde mit diesen Eiern handeln! Was machen Menschen eigentlich am ersten Tag des Jahres so? Gründlich lesen jedenfalls nicht.
Ich habe damals, vor über 20 Jahren, tatsächlich auch auf Motive aus einem Topp-Bastelheft von 1992 zurückgegriffen, Autor Eva T., dafür hatte ich dieses Heft ja schließlich gekauft. Und ich habe es tatsächlich noch wiedergefunden, ganz hinten im Schrank. Vorn im Heft steht, dass das Nachbasteln nicht für gewerbliche Zwecke erlaubt ist (was ich auch nicht getan habe und nicht tue), das Verbreiten des "Werks" in Film, Funk und Fernsehen, Fotokopie, Video der Genehmigung unterliegt (keine Rede vom Worldwideweb und wie bitte definiert sich 'Werk'?). Aber OK.
Also habe ich geantwortet:
"Sehr geehrte Frau K., eigentlich wünscht man sich am 1. Januar ja ein gutes Neues Jahr, aber das kann ich mir bei Ihnen wohl schenken. Hätten Sie meine Webseite aufmerksam angeschaut, hätten Sie gesehen, dass es sich nicht um einen Shop handelt und dass ich NICHTS zum Verkauf anbiete. Ich habe für mich privat vor über 20 Jahren einige Scherenschnitteier gefertigt und dabei Motive der Häschenschule und aus Auerbachkalendern der 20er/30erJahre verwendet, außerdem aus Büchern des Topp-Verlages, offenbar auch aus einem Buch von Eva T., die anscheinend Ihre Mutter ist und mit diesen Büchern Geld verdient hat. Damals, wie gesagt vor über 20 Jahren, habe ich einmalig einige Eier auf dem Osterbasar unseres Kindergartens gegen eine Spende an den Kindergarten weitergegeben. In meinem Blogartikel sind Fotos meiner privaten Sammlung, die nicht nur aus meinen selbstgefertigten sondern auch aus gekauften Scherenschnitteiern besteht und ich habe nicht verifiziert, welches Ei von wem und welches Motiv von wo kam. Ich habe das auch nicht vor und ich kann Leute wie Sie, die mir am 1. Januar so eine Mail schreiben, überhaupt nicht leiden. Alleine deshalb werde ich den Blogartikel mit den Fotos deaktivieren. "
Und das habe ich getan, deshalb findet Ihr den Artikel "Scherenschnitte" im April 2016 nicht mehr. Und mir tut es inzwischen sehr leid, dass ich damals dieses TOPP-Heft gekauft habe für satte 9,80 Deutsche Mark und damit der Mutter der Abmahnerin das Portemonnaie gefüllt habe. Frau T. ist mittlerweile 94 und ihre Tochter möchte wohl Geschäft mit den Schnitten der Mutter machen. Für solche Abmahner habe ich gar kein Verständnis und ich habe das Heft dahin geworfen, wo es hingehört: in den Müll.
Update: Der Frech-Verlag, Herausgeber der TOPP-Hefte, sagt dazu: "Wir als Verlag erwerben das Recht, dass wir die vom Autor erstellten Motive nutzen dürfen. " Wenn ich aus einem der Hefte 'zitieren' würde, dürfte ich das nicht ohne Quellenangabe tun. Deshalb: "Wenn Sie Ihre selbst erstellten Werke selbst fotografieren und mit Quellenangabe (z. B. Motiv aus Buch xxx) auf Ihrem Blog zeigen, ist das kein Problem."
Ich werde meine gelöschten Fotos trotzdem nicht wieder aktivieren, denn mit der Quellenangabe würde ich für Frau T. Werbung machen. Und seit der Mail liegt mir nichts ferner.