August 2019
Do
29
Aug
2019
Jetzt, Ende August ist der Sommer schon fast vorüber. Aber letzte Hochsommertage haben die Temperaturen noch einmal nach oben getrieben. Für Ende August ist es tatsächlich ziemlich, ziemlich warm und für den Garten viel zu trocken.
Selbst die Gräser und Sonnenhüte hätten gern etwas Wasser. Und ich gern etwas Kühles zu Trinken.
Sommer, das ist die Schafgarbe mit ihrem ganz speziellen Geruch. Sommer, das ist blauer Salbei. Sommer, das sind blühende Steppenkerzen. Sommer, das sind große Gräser, die sich im Wind wiegen. Sommer, das ist warmer Sand und krabbelnde Ameisen. Noch ist Sommer.
Wie immer wenn es heiß wird, werden die Menschen seltsam. Und dann schreiben die Medien darüber. Über Boris Becker zum Beispiel, der in den USA beim Einkauf im Supermarkt kein Bier bekam, weil er nicht mit einem Ausweis belegen konnte, dass er älter als 21 Jahre ist. Alle schreien nun, das sei doch erfunden, weil er mal wieder in die Schlagzeilen wollte. Aber ich glaube das nicht.
Denn mir ist Ähnliches passiert, vor einigen Jahren, da war ich bereits Ü-Fünfzig und ich schwöre: trotz aller Mühe und einer gewissen Kosmetikauswahl sah ich nicht mehr aus wie 20. Es war im Supermarkt um die Ecke, der mit dem großen E, und ich wollte schnell noch etwas Füllung für die Osternester der Familie. Besuch hatte sich angesagt und darunter war eine Eierlikör-Liebhaberin. Deshalb lagen Eierliköreier im Einkaufskorb.
Die Kassiererin war irgendwo in meinem Alter, offenbar eine Aushilfe und völlig fokussiert aufs Kassieren und ihren Kassencomputer. Dann scannte sie die Tüte mit den Liköreiern ein und sagte: "Dann brauche ich mal ihren Ausweis." Ich war baff. "Wieso?"
"Die Eier enthalten Alkohol." "Ja, und?" "Der Computer zeigt mir an, dass ich sie Ihnen nur verkaufen darf, wenn Sie ihren Ausweis zeigen." Sie meinte das völlig ernst.
Die Schlange hinter mir war lang, direkt neben mir wurde gekichert. "Ja, was glauben Sie denn wie alt ich bin?"
Da guckte sie das erste Mal hoch und mich an und sagte: "Das weiß ich nicht, darum brauche ich ihren Ausweis."
Und ich sagte "Das ist nicht Ihr Ernst. Dass ich älter bin als 18 sollte Ihnen doch schon klar sein." "Aber der Computer ..." Die Schlange hinter mir war inzwischen auf unendlich angewachsen und ich habe dann tatsächlich meinen Ausweis herausgeholt. Die Kassiererin zuckte beim Lesen meines Geburtsjahrs nicht mit der Wimper: "Ich muss das kontrollieren. Sie könnten ja sonst die Eier ihren Kindern ins Osternest legen." "Die sind auch über 18." Hinter mir wurde jetzt laut gelacht. Ich stopfte meinen Einkauf in meine Tasche. Die Kassiererinnen-UnLogik entzog sich mir völlig.
Und eigentlich hatte ich eine versteckte Kamera und Guido Cantz erwartet, aber beides kam nicht. Der Filialleiter übrigens auch nicht.
Und Boris Becker hat sich vermutlich genauso verar...t gefühlt wie ich. Kafkaesk.
So
25
Aug
2019
Wir zum Beispiel. Wir haben es getan und eine Maschseerundfahrt gewagt.
Um es gleich zu sagen: Wer die Rundtour über den Vierwaldstätter See per Schaufelraddampfer kennt ... oder mit der Barkasse durch den Hamburger Hafen geschippert ist ... Maschsee ist etwas völlig anderes. Der Maschsee bietet eine "Rundfahrt Light", garantiert ohne Seekrankheit und Berge, aber mit 50 Minuten Abschalten, ins Grüne schauen und zur Ruhe kommen.
Die Maschseeflotte besteht aus 4 Booten. Der "Deutschland" mit Kabine und überdachtem offenem Teil aus dem Jahr 1958, der "Niedersachsen" mit Partyausstattung (1960), der "Hannover" mit offenem Deck (1964) und, klimatechnisch völlig auf der Höhe der Zeit weil mit Solarantrieb, der "Europa", einem modernen Katamaran mit viel Edelstahl und Glasdach.
Wir starteten zur vollen Stunde an der Nord-Ost-Ecke des Sees, der Anlegestelle "Fackelträger".
Der Fackelträger, eine viereinhalb Meter große Bronzefigur, wurde 1937 auf die bereits seit der Einweihung des Sees 1936 vorhandene 18 Meter hohe Säule montiert. Der schaffende Künstler soll damals unter dem Eindruck der Olympischen Spiele in Berlin gestanden haben, vor allem des olympischen Feuers, das mit Fackeln aus Griechenland herangetragen wurde und die Pose der Figur soll von antiken Vorbildern in Athen kopiert sein. Er soll auch Andeutungen zum Freimaurertum in der Figur versteckt haben (deshalb dauerte es Monate bis sie auf die Säule durfte). Das Ganze, wie überhaupt der Maschsee und alles was so drumherum steht, soll Nazikunst sein. Wurde vielleicht deshalb die Vergoldung 1982 braun übermalt?
Vom selben Künstler stammen auch der Fischreiter, das ist der kleine Junge auf dem Maschseekarpfen, der am Ostufer unweit der Säule steht, und der goldene Putto auf dem Musikpavillon an der Nord-West-Ecke des Sees.
Der Katamaran wartete bereits und wir fanden noch Platz auf dem kleinen offenem Heck. Der Vorteil des Solarantriebs ist, dass er fast geräuschlos funktioniert und das Boot sanft über das Wasser gleitet. Die Dachkonstruktion gibt auch etwas Schatten, das ist wichtig für sonnenempfindliche Menschen wie mich. Die Fahrkarten kauft man beim Kapitän. Kaffee und Tee und kühle Getränke und Schokoriegel auch. Er muss dazu sein Cockpit verlassen, dann fährt das Boot eben alleine, es kennt ja die Strecke. Es kann sogar alleine anlegen - fast.
Für uns ging es am Ostufer entlang, am Fischreiter vorbei, am NDR und diversen Schulen. Unter den Ufer-Kastanien standen die Zelte und die Fresstempel des Maschseefestes. (Also einige, der Rest stand am Nordufer und am Anfang des Westufers. Trinken und Essen hält auch das Maschseefest zusammen.) Die Enten nahmen schon mal unsere Verfolgung auf.
Erster Halt: Ostufer, etwa auf halber Strecke beim Pier 51 bei der Yachtschule. Der Blick zum Nordufer war gut. Palmen, Musikpavillon, das große Hotel.
Zweiter Halt: Ostufer, fast am Ende, an der Löwenbastion mit den großen Kastanienbäumen. Zum Maschseefest ist die Bastion fest in der Hand von Musik und Bier. Die namensgebenden Bronzelöwen schauen vom See aus auf die Rückseite des Engesohder Friedhofs, also wollten sie an Halloween brüllen: "Bleibt bloß dort."
Für die Standbilder der Bastion wurde noch ein zweiter Entwurf eingereicht: zwei große Krokodile aus Sandstein. Sie gefielen der Stadtführung zwar nicht, aber dem Dollberger Unternehmer Greiser. Er ließ sie 1934 für sein Fabrikgelände anfertigen. 1965 kamen sie in den Besitz von Erich Cordes, der sie vor sein Haus in der Lindemannallee in Hannovers Südstadt stellte.
Dann ging die Fahrt in einem großen Bogen am Südufer vorbei auf die Westseite des Sees. Am Südufer liegen das Strandbad und der Sportclub, eine beliebte Location für Sommerfeste der Highsociety Hannovers. Dann kam die Kurve zum Westufer und zum
Nächsten Halt: Maschseequelle. Das ist eine Pumpen- und Filterstation und "Quelle" ist der Ausfluss dazu in den See. Denn der ist künstlich angelegt und das Wasser musste aus der Leine hineingepumpt werden. Die Leine fließt gleich hinterm Westufer entlang, hinter einem Deich aus dem ausgebaggerten Erdreich beim Seebau.
Auch heutzutage muss der Wasserverlust durch Verdunstung ausgeglichen und der Wasserpegel immer wieder angehoben werden. Dafür gibt es eine neue Anlage an den Ricklinger Kiesteichen, auch 'um die Ecke', mit einer 800 Meter langen Leitung in den See. Ihr Grundwasser füllt den Maschsee auf, denn das Leinewasser ist zu schlammig.
Wir schipperten das Westufer nordwärts entlang, um eine langgestreckte Halbinsel herum. Und Hannovers Schwäne begleiteten uns. Die Schwalben versuchten im Tiefflug über den Wasserspiegel etwas Essbares zu fangen. Von hier aus war der Blick über den See auf das Neue Rathaus hinter den Baumreihen besonders fotogen.
Vierter Halt: Fährhaus, fast gegenüber vom ersten Halt. Das Bootshaus der Stadt Hannover ist der Heimathafen für die Maschseeflotte, daneben sind u. a. das Schülerbootshaus und der Frauen-Ruderclub mit vielen, vielen Ruderbooten.
Und dann waren wir schon wieder am Nordufer angelangt, am Musikpavillon und den schönen Palmen.
Den Rest der Rundfahrt am Nordufer entlang bis zum Fackelträger sparten wir uns. Seeluft macht hungrig.
Mi
21
Aug
2019
Wir haben sie entdeckt. Unser Ungeheuer vom Maschsee. Unsere Nessie von Hannover. Und sie ist nicht allein.
Bitte entschuldigt die Bildqualität. Aber die Monsterjäger in Schottland am Loch Ness wissen wie schwer es ist, Seeungeheuer zu fotografieren.
So
18
Aug
2019
Es ist Sonntag und wir sitzen drinnen. Es regnet seit heute Morgen, mal mehr, mal weniger, mal intensiver, mal nebelfein. Alles ist nass und klamm. Und das ist schade, denn heute ist der letzte Tag des Maschseefestes und da hätte es ruhig noch einmal schön sein können.
Gestern war zum inzwischen 10ten Mal das jährliche Entenrennen, veranstaltet vom NKR (Norddeutsches Knochenmark- und Stammzellspender-Register) um mit dem erlösten Geld die Typisierungsaktionen und die gemeinnützige Arbeit zu finanzieren. Eine ganz tolle Aktion mit viel Spaßfaktor. Und Sonne. Leider schwächelten die von der Familienjugend für 5 Euro kurzfristig adoptierten und gecoachten Entchen und hatten einen miesen Zieleinlaufsprint, wobei von anderen Entchen allerdings ganz unsportlich unfair gedrängelt und geschubst wurde.
Die gelben Plastikenten wurden natürlich hinterher wieder aus dem See gefischt. Die hier wohnenden richtigen Enten beäugten das Geschehen sowieso schon skeptisch. Was sind denn das für welche? Dann entdeckten sie uns auf einer der Bänke am Westufer und vor allem entdeckten sie unsere Kekspackung. Das war dann das etwas andere Entenrennen.
Erst tauchte ein Kopf im Gras vor uns auf, dann ein zweiter, dann ... Sie umrundeten unsere Bank. Mehrfach ... Fluchtdistanz: Null. Meine Fluchtdistanz lag um einiges höher, so ein Entenschnabel kann ganz schön wehtun.
Es gibt eine ganze Menge hungrige Enten am/im Maschsee. Und es gibt Schwäne. Schwäne gehen mit keksessenden Spaziergängern bedeutend distanzierter um. Sie machen sich nicht die Mühe, aus dem Wasser zu kommen, sie schauen einfach fordernd. Und wenn es trotzdem nichts gibt, drehen sie sich um und tauchen. "Du kannst mich mal ... "
Wir sind dann lieber weitergebummelt und haben uns den See vom Ufer angesehen. Boote und die Maschseeflotte fuhren an uns vorbei und ein Gedanke setzte sich fest: Lasst uns eine Maschseerundfahrt machen.
Coming Soon
Fr
16
Aug
2019
Prachtkerzen in flirrendem Spätsommerlicht. Noch sind wir in den Hundstagen.
Di
13
Aug
2019
Das jährliche Sommerloch ist gerade sehr tief. Und die Medien und die Politik füllen es mit Schwachsinn jeglicher Art.
Mit E-Rollern, die angeblich das Klima retten würden. Mit Erstklässlern, die wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht zur Schule gehen dürfen sollen. Mit Plänen, wegen des Klimas und des Feinstaubs Feuerwerke zu verbieten, dabei war das in Konstanz gerade so schön und so prächtig. Mit Überlegungen quer über unsere Sportplätze Fahrradwege zu führen. Und mit jedem Irrsinn, den Menschen ohne vorher nachzudenken so von sich geben. Hauptsache, in die Schlagzeilen kommen, oder nicht herausfallen.
Ich will jetzt auch mein Sommerloch, natürlich passend - mit Bären:
Was die so alles können ... Trösterchen sein, Freund für Lebensbeichten, Kopfkissenersatz, Dekoartikel, teurer Sammelgegenstand. Sie bringen Herzen zum Schnellerschlagen beim "muss-ich-unbedingt-haben", bei Erinnerungen. Sie können sehr lecker sein, in Kuchenform oder als süßes Gummibärchen, am besten mit Fruchtsaft und nicht mit Zucker hergestellt und dreimal so groß wie die gängigen.
Was daran Sommerloch ist? Das:
Werbung kam ins Haus, Werbung einer großen Parfumeriekette. Und darin das hauseigene Angebot für Anti-Aging, für Faltenweg, für innere Schönheit: Bärchen. Ein Glas mit GummiBärchen, 60
Stück, fast 20 Euro teuer. Bärchen aus Kollagen, Vitaminen und Mineralstoffen, mit Waldbeeraroma - und angeblich wenig Zucker. Jedes Bärchen, schnell gerechnet, 33 Cent! BeautyFood. Der neue
Trend. Wie verkaufe ich etwas Unnötiges/Überflüssiges teuer ...
Ich verstehe unter BeautyFood biologisch angebautes Obst und Gemüse, Vollkorngetreide und stilles Wasser. Und Frischkornmüsli.
Ein paar Seiten weiter im Parfumeriewerbeprospekt wird 'Lifting Power Serum' mit Hyaluron beworben. Begründung für 'bitte-bitte-kauf-mich': Zucker sei Gift für den Körper (ja, weiß ich - und Nikotin und Alkohol und zu wenig Schlaf und zu viel Sonne und Radioaktivität und ...) und habe auch negative Auswirkungen auf die Haut. "Körpereigene Proteine und Zucker gehen eine komplexe Verbindung ein, ... heften sich an Kollagen- und Elastinfasern und stören die Zellfunktion. Vorzeitige Hauthalterung ist die Folge." Und weiter "Bei der Verzuckerung der Haut ... karamellisieren die Gewebefasern in der Haut. Es entstehen AGEs, die sich ... (s.o.). Die Folge sind Verhärtungen und Faltenbildungen im Gewebe." Und um diese zu reduzieren brauche Frau dieses Serum für schlappe 70 Euro. Unbedingt.
Wie wäre es stattdessen mit: einfach keinen Zucker essen oder so wenig wie möglich? Und vor allem keine Collagenbärchen mit Zucker, da haftet der gleich von vornherein schon an der Kollagenfaser und das Karamell kommt frei Haus?
Do
08
Aug
2019
Gummistiefelwetter. Oh ja. Es hat gewittert, es hat geregnet, laut gewittert, noch mehr geregnet, stark geregnet, Pfützen standen auf dem Rasen, viel geregnet. Dann war Pause, dann hat es wieder geregnet, alles tropfte und die Regentonne lief über.
Wir sind so zwiespältig diesem Wetter gegenüber. Wir brauchen den Regen dringend, aber warum kommt denn gleich so viel auf einmal vom Himmel? Der neu ausgesäte Rasen ist einfach davon geschwommen und wird nun irgendwo keimen, nur nicht fein verteilt auf der vorgesehenen Fläche. Und warum immer gleich Gewitter?
Und dann schien wieder die Sonne. Die Vögel schauten nach, ob es noch ein trockenes Korn gäbe, die Hummeln schwirrten um die Malven und die Bienen suchten den letzten blühenden Lavendel.
Der Lavendel blühte in diesem Sommer besonders prächtig. Während die Rosen regelrecht in der Hitze gebacken wurden, schien er aufzuleben. Er nahm auch die Regengüsse nicht sonderlich übel.
Zwischen dem Lavendel blühten die Königskerzen in verschiedenen Sorten. Alle in Gelb. Lila und Gelb - Provencefarben. Die Kerzen haben die Wärme genossen, sie lieben Wärme.
So
04
Aug
2019
In der Zeitung stand am Morgen danach, nun sei es für dieses Jahr vorbei, 63.000 Besucher seien heuer beim Kleinen Fest in Hannovers Großem Garten gewesen, 15 Vorstellungen habe es gegeben (weil einmal wegen Regens abgesagt werden musste). Und damit begannen meine Rechenprobleme.
Aber von vorn:
Kleines Fest im Großen Garten. Nach einigen Jahren Pause waren wir mal wieder da. NICHT am heißesten Julitag aller Zeiten mit 38 Grad Celsius, aber am letzten Abend bei 31 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit wie Sauna und Null Wind zwischen den hohen Hecken des Gartens.
Ich fächelte und fächelte und fächelte bis die Hand wehtat. (Bereits Tutanchamun besaß einen Fächer, die Reste davon wurden in seinem Grab gefunden, gegen Ägyptens Hitze. Ich besitze seit meinen ersten Besuchen im Roncalli-Zirkuszelt mehrere, klein, faltbar, praktisch, gegen Hannovers Hitze. Kurfürstin Sophie und ihre Damen hatten bestimmt auch Fächer.) Die Quellwolken türmten sich über uns, die Kleines-Fest-Vorhersage kündigte Regentropfen an, aber es blieb doch trocken. Erst nach Mitternacht entlud sich die Schwüle in einem heftigen Regenguss. Glück gehabt.
Die Hälfte des Reizes am Kleinen Fest teilt sich ins Anschauen der Programme auf den kleinen Bühnen, die man sich im Garten erlaufen muss (fächern, fächern, fächern) ...
Alle zu sehen ist an einem Abend unmöglich, denn 36 Darbietungen verteilten sich auf 8 eng getaktete Termine. Das verlangt Frusttoleranz. Die Qual der Wahl, wen will man unbedingt sehen, wer reizt und wer entspricht so gar nicht dem Geschmack ... Um von einer Bühne zur nächsten zu kommen hatten wir jeweils etwa 5 Minuten, da war ein vorab ausgeklügelter Wegeplan unbedingt nötig. Mit einer eingeplanten Pause bei den 16 Walking-Acts, den Dodovögeln, den Pinguinen oder Frans mit seiner Gurke. Nicht zu vergessen den Toilettenbesuch, mit schön kaltem Wasser und sauber! Floppte ein Programm in der persönlichen Bestenliste, gingen wir einfach. (Wir waren zu sechst. "Ja, ihr vier da, geht ruhig, wenn ihr wüsstet, was ihr verpasst." Ja nun, wer einmal beim Kleinen Fest den Magier Hans Klok gesehen hat, stellt Zaubereiansprüche. Und man sollte bis Sechs zählen können.),
... in den Besuch im Orient beim Moccamaker mit geeistem Mango-Maracujatee und Dattelfingern, Walnusskuchen, etwas türkischem Mokka, Knusperwaffeln, noch einem Eistee ...
Und während man da so sitzt, sieht man schon die Bänke, die gerade noch vor den Bühnen standen, an sich vorbeischweben, zu 90 Prozent getragen von Ü60ern, sie vorn, er hinten, Richtung Großes Parterre und Festende.
... und in das fabelhafte Feuerwerk der Firma Rohr zu klassischer Musik.
Das nur noch an einigen Abenden vollwertig auch mit hohen Raketen abgebrannt werden darf (wegen der Anwohner), an den anderen nur am Boden stattfindet, aber am letzten Abend sehr prächtig war.
Die andere Hälfte besteht im Schauen von Leuten.
Manche sind kaum von den Künstlern zu unterscheiden, so extravagant die Frauen, so vollbärtig die Männer, viele mit Kindern, einige mit viel zu kleinen Kindern für so einen langen Abend, mit Picknickdecken und Bollerwagen und manche mit viel zu viel Alkohol. Macht das Spaß einen ganzen Rucksack voller Bierflaschen, erst voll, dann offenbar ziemlich schnell leer, herumzutragen? Mit einem Bollerwagen dagegen kann man Essen, Trinken, Klappstühle transportieren, vor allem aber fabelhaft beim Einlass allen Umstehenden über die Füße fahren und sie gegen sich aufbringen - und kommt auch nicht schneller hinein. Außerdem scheint das Kleine Fest bei den Besuchern eine temporäre Unfähigkeit zum Stehen zu verursachen (s. o.) und mindestens die Hälfte von ihnen muss über Kenntnisse über Abkürzungen verfügen, denn auch mit zügigem Gehen waren alle Bänke schon besetzt, mitgebrachte Stühle aufgestellt und die Decken ganz vorn ausgebreitet wenn wir zur nächsten Bühne kamen. (Sascha Korf erzählte, bei einer Vorstellung habe sich die hohe Hainbuchenhecke neben ihm geteilt und aus der 'Triangel' sei ein älteres Ehepaar samt Bollerwagen aufgetaucht. 'Wir haben uns verlaufen', sei die Begründung gewesen. Ob's stimmt?)
Zurück zu den Rechenproblemen:
Es hält sich hartnäckig das Gerücht, pro Fest-Abend kämen höchstens 3.300 Besucher in den Großen Garten. Jeder erzählt das. Rechne ich aber nach, 63.000 geteilt durch 15 Abende, komme ich auf 4.200 Besucher. Warum?
Als das Kleine Fest 1986 begann, gab es 10 Bühnen und vier Spieltage und entsprechend wenige Besucher. Zum 20jährigen im Jahr 2005 hatte es sich auf 14 Spieltage und 33 Bühnen gesteigert, die Besucherzahl pro Abend stieg von bis dahin 2.200 (2.000 im Vorverkauf, 200 an der Abendkasse) auf 2.950 (2.750 plus 200), weil "es mehr Bühnen als im Vorjahr gab".
In den Jahren danach blieb die Bühnenzahl konstant bei über 30, die Spieltage schraubten sich auf 15, dann auf 16 hoch. Die Besucherzahl wurde auf 3.300 (3.000 plus 300) erhöht. 2013, bei 37 Bühnen, hieß es vom Verantwortlichen "Mehr als 3.300 Besucher pro Abend passen nicht zum besonderen Charakter dieses Festes."
Jetzt, 2019, gab es 3500 Eintrittskarten im Vorverkauf und 300 an der Abendkasse. Und weniger Bühnen als 2013. Uups.
Seit 2018 werden 'Förderkarten' mit einem Preisaufschlag von 200 Euro pro Karte verkauft, 2018 begrenzt auf insgesamt 600 Stück.
Früher spendeten die Sponsoren ihr Geld und erhielten dafür Karten für die Generalprobe des Kleinen Festes, jetzt ist die Generalprobe 3.500 Vereinsmitgliedern der "Freunde der Herrenhäuser Gärten" exklusiv vorbehalten (zu den normalen Kartenpreisen) und die Sponsoren kommen mit den Förderkarten an den regulären Abenden zusätzlich hinein.
Uups.
Ich rechne: Ziehe ich die 3.500 Vereinstickets von der Besucherzahl ab, komme ich auf 59.500 Besucher gesamt, auf fast 4.000 pro Abend (und auf 2.500 verkaufte Fördertickets und nicht nur 600). Oder verrechne ich mich? Nur, wie war das mit dem Besonderen Charakter des Festes (siehe 2013)?
Ich empfand es als voll. Voll in den Gängen, voll vor den Bühnen, voll beim Feuerwerk. Ja, es war schön, lustig, interessant, aber der spezielle Charme der Abende vergangener Jahren mit dem Gefühl von etwas Exklusivität und entspanntem Bummeln und der Gedanke, wie Kurfürstin Sophie zu feiern, war fort.