Jedes Jahr so um den 10ten März herum erscheint in der hannoverschen Zeitung - oder in deren Internetportal - ein Artikel über den Berliner Lauch in der Eilenriede, dem hannoverschen Stadtwald. Ein jährliches Copyandpaste. So auch heuer wieder. Dieses Mal hinter der Bezahlschranke des Internets, und nicht in der Print-Ausgabe, die derzeit erst am späten Vormittag in den Briefkasten plumpst - wegen Urlaubsvertretung und wegen Unfähigkeit des Vertriebs, das vernünftig zu planen, das kommt ja auch immer so plötzlich, während die Kosten für die Zeitung jedes Jahr, wirklich jedes Jahr steigen, ich bin derzeit ziemlich sauer.
Meine drei, vier Bärlauch-Pflanzen im eigenen Beet üben sich noch in vornehmer Zurückhaltung. Sie sind ein guter Indikator, solange sie nicht wachsen, solange kein Berliner Lauch. Wir entschließen uns trotzdem zu einem Stadtwald-Spaziergang, die Sonne scheint, diese seltenen Stunden ausnutzen. Die Luft aber ist richtig kalt, trotz Sonne.
Die Buschwindröschen sind im Aufbruch, in den Sonne-Partien blüht es bereits, für große Blütenteppiche dauert das noch. Brombeerranken machen den Röschen die Flächen streitig, man sollte sie herausreißen, die Früchtemenge ist sowieso überschaubar und schmeckt nur Mäusen und Vögeln.
Es treibt überall aus dem Boden. Gelbe Blütenknospen der Windröschen recken sich der Sonne entgegen, Gräser treiben dicke Büschel aus.
Überall liegen gefallene Stämme, hängen lose Äste in den Kronen der Bäume, so mancher Baum ist im letzten Jahr vertrocknet, so mancher im Sturm gefallen. Totholz bleibt liegen und erfreut die Tiere des Waldes, aber die Wege durch die Eilenriede müssen gesichert werden. Die Eilenriede-Förster und ihre Helfer haben viel zu tun.
Tatsächlich, der Berliner Lauch wächst bereits. Ich beschließe, doch schon etwas zu ernten. Die zarten, jungen Blätter sind immer am besten, aber dafür reißen sie ab, wenn ich ziehe und die Zwiebel kommt nicht aus dem Boden. Wir nehmen nur wenig mit, für erste Putenrouladen wird es reichen, und wir werden dann in 10 Tagen noch einmal sammeln.
Über uns zwitschert und ruft es, nur blicken lassen sich die kleinen Vögel nicht. Es klingt nach Frühling, aber es fühlt sich noch nicht so an. Die übrigen Spaziergänger sind auch noch indifferent, einige in Winterjacken mit Schal dick eingemummelt, andere in Jogging-Funktionskleidung, einige wenige mit kurzer Hose und T-Shirt und - waren das Flipflops?