Das Wetter ist immer noch trüb-trüb-grau-grau. Ich wünsche mir Helligkeit, Wintersonne, Schnee, aber ... Ach ja.
Wenn wir Hannoveraner Wünsche haben, also solche, die sich nicht mit einem Gang durch Geschäfte oder online-Shopping erfüllen lassen, also mehr die Kategorie 'ich wünsche mir, dass der Virus verschwindet', 'ich wünsche mir, dass alles wieder gut wird', 'ich wünsche mir schöne Weihnachtstage', 'ich wünsche mir den Engel, der sagt, er kümmere sich und ich solle mir keine Sorgen machen', also diese Art Wünsche ... dann gehen wir in die Altstadt in Hannovers Mitte, dahin, wo das Historische Museum ist und der Niedersächsische Landtag und wo die nach dem Krieg aus ganz Hannover zusammengesuchten übrig gebliebenen Fachwerkhäuser ihren Platz gefunden haben. Denn dort steht auf dem Holzmarkt der Wunschbrunnen.
Normalerweise ist er vor Weihnachten von den Tannen des Glühwein-Punsch-Tannenwaldes umgeben und man muss ihn suchen. Aber wir haben ja keinen Weihnachtsmarkt im Sch...virusjahr. Glühwein-to-go ist uns verboten worden. Und darum steht der Wunschbrunnen in diesem Jahr unübersehbar auf dem Markt.
Wir trinken unseren Glühwein zu Hause, aber vor allem trinken wir Grünen Tee und seit kurzem Aronia-Muttersaft aus dem Naturkostladen. Sch...virus-Prophylaxe. Grünen Tee trinke ich sowieso schon seit ewig-und-drei-Tagen. Nun gibt es eine Studie von Forschern der Universität Ulm, in der steht, dass Aroniasaft (und Granatapfelsaft und Grüner Tee) im Reagenzglas die Viren angegriffen habe und dass man deshalb damit den Mund spülen und gurgeln solle. Das dabei entstehende pelzige Gerbsäure-Gefühl und die rot-blaue Verfärbung der Zunge zeigen einem dann, dass man es richtig gemacht hat. Aroniasaft ist eigentlich wegen des Vitamin C-Gehalts sowieso in unserer Saftbar, denn eine Extraportion Vitamin C ist in der Grippezeit des Winters ja wirklich nicht zu verachten. Und jetzt ist er auch noch eine Geheimwaffe? Aber wisst Ihr was ... allein das Gefühl, etwas aktiv tun zu können, tut gut ... nimm das, du Sch...virus.
Der Brunnen steht seit dem Juni 1896 auf dem Holzmarkt, er hatte aber mindestens einen älteren Vorgänger. Eine Metallplatte im Boden zeigt den Ort des alten Brunnenschachtes. Genau genommen heißt der Brunnen auch gar nicht 'Wunschbrunnen', sondern 'Oscar-Winter-Brunnen'. Denn er war Werbung. Werbung für das Eisenwarengeschäft Oscar Winters und seines Geschäftspartners zum 100sten Firmenjubiläum. Darum auch das viele geschmiedete Eisen unten rum und oben drauf.
Die Figur in der Mitte ist natürlich ein Schmied. Was sonst? Nur leider nicht mehr das Original. Der hannoversche Bildhauer Gundelach hatte den älteren Herrn Winter mit Bart und dem Hermesstab (DAS Symbol für Handel und Wirtschaft und deshalb ist der Hermeskopf Bewacher unseres Messegeländes) als Modell genommen. Leider wurde die Figur im zweiten Weltkrieg für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen. Zum Glück gab es in der Familie Winter noch ein kleines Modell und danach wurde 1954 eine neue Figur gefertigt. Mit künstlerischer Freiheit ohne Bart und jünger - eben etwas anders. Egal. Der Brunnen hatte seinen Schmied zurück.
Ursprünglich gab es auch keinen Sockel mit Stufen, die Brunnenschale stand ebenerdig. Dann kollidierte 1899 ein Pferdefuhrwerk mit ihr und dann kam der den Sockel. Was muss Herr Winter sauer gewesen sein. 1914 kam das große kunstvolle Gitter auf den Sockel. Wer weiß, was das ausgelöst hat.
Das Besondere am Gitter ist ein goldener Ring, ein drehbarer goldener Ring. Einmal gedreht und dabei leise den Wunsch gemurmelt ... wie in alten Sagen.
Ich wüsste schon einen.