Er war ein gutes Wochenendvormittags-Ausflugsziel als unsere Kinder noch Kindergarten- und Grundschulkinder waren. Schnell mal rüber und Enten füttern (was man heute nicht mehr darf), in die alte Windmühle hineinschauen (was heute nicht mehr geht) oder daneben ein Eis essen (was heute erst ab nachmittags möglich ist und überhaupt viel zu teuer seit einem Gastronomenwechsel).
Und überhaupt sind unsere Kinder nun zu groß für so etwas ... ach, nicht? Ihr würdet das alles noch tun? ... und mit den Enkeln sowieso ...
Wovon ich spreche? Vom Annateich. Er liegt im Hermann-Löns-Park in Hannover-Kleefeld und ist, geteilt durch eine breite Brücke, eigentlich zwei Teiche. Der Park entstand zwischen 1936 und 1939 direkt neben dem Tiergarten und einer Güterbahnlinie. Irgendwie dazu gehören ein Sportplatz, eine Kleingartenkolonie und das Annabad, ein schönes Freibad. Direkt daneben liegt das Annastift, ein Krankenhaus.
Das ist ganz schön viel Anna, aber verdient. Gemeint ist Anna von Borries, die mit ererbtem Geld die Entstehung des Annastifts ermöglichte. Mit dem ursprünglichen Gedanken etwas für körperlich beeinträchtigte Kinder zu tun, das war sie nämlich selbst seit einem Unfall in der Kindheit. Sie wusste dadurch wo das Gesundheitssystem Defizite hatte. Wenn du willst, dass sich etwas ändert, musst du es selbst tun ... Sie starb 1951 im Alter von 97 Jahren, aber wie ihr seht ist sie in Hannover bis heute präsent.
Der Park ist, sagt die Stadt Hannover, 86 Hektar groß. Das sind 860.000 Quadratmeter. Das Gelände war mal Niedermoor, mal Acker, mal Streuobstwiese, mal Tongrube. Aus der entstand durch Grundwasser der Annateich. Mit der Anlage des Parks wurde der Teich erweitert und geteilt, Inseln angelegt, Wiesen und Eichenwäldchen entstanden. Damals wurde alles neu gemacht, viel Erde hin- und hergeschoben und gepflanzt - gepflanzt - gepflanzt. So, dass es aussah wie von der Natur zufällig so geworden, das Idealbild einer norddeutschen Landschaft, mit Blickachsen und Rückzugsräumen für Tiere. Einschließlich einiger großer Findlinge, die extra herangeschafft wurden, so typisch norddeutsch. Für die heutigen Gärtner ist es gar nicht so einfach, alles so zu erhalten.
Am Hauptzugang zum Park, direkt am Annateich, wurde gebaut. Aber nicht neu sondern Altes erneut, auch das, damit es aussähe wie auf einem dörflichen Landschaftsbild. Ein sehr überschaubares Freilichtmuseum. Man versetzte aus Wettmar eine 'Meierei' als Ausflugscafé in den Park, ein schickes Fachwerkhaus, typisch norddeutsch und ursprünglich entstanden 1720. Daneben kam ein alter Kornspeicher aus dem Jahr 1637 aus Eystrup. Und als Sahnehäubchen eine alte Windmühle.
Die Windmühle ist vom Typ Bockwindmühle, das bedeutet, dass der obere Teil mit Flügeln und Mahlsteinen drehbar auf einem Gestell sitzt. Je nachdem woher der Wind weht wird sie so gedreht, dass er optimal die Flügel antreibt. Diese Mühle stand bereits vor 320 Jahren in Hannover, mitten in Hannovers heutiger City. Gekostet hat ihr Bau (1701) 474 Taler und 22 Groschen. Dann zog sie mehrfach innerhalb Hannovers um, immer wenn es eng wurde und die Stadt wuchs. Zuletzt war sie dem neuen Stadtfriedhof am Engesohder Berg im Weg und wurde verkauft. So gelangte sie nach 1872 nach Hohnebostel, ein Dörflein zwischen Celle und Gifhorn, heute ein Stündchen Autofahrt von Hannover entfernt, damals weit-weit-weg. Für den Park kaufte man sie 1938 zurück - für 750 damalige Reichsmark. Nach so vielen Jahrhunderten der Nutzung immer noch äußerst dekorativ, ging sie in Rente.
Da stand sie dann, alle Umbauten und technischen Neuerungen aus den vergangenen fast 240 Jahren hatte man zurückgebaut, wegen der Authentizität. Weil ein Weltkrieg und viele Jahre ohne Mehl zu mahlen kamen, war sie so ab dem Jahr 2006 nicht mehr so dekorativ, sondern restaurierungsbedürftig. Die Hannoveraner bauten sie ab, lagerten ein, sammelten Geld und städtische Unterstützung, restaurierten, dann wurde wieder aufgebaut. So steht sie seit 2012 wieder so da wie damals 1701 an Hannovers Aegi. Gekostet hat das übrigens rund 330.000 Euro.
Das Fachwerkhaus ist auch heute Ausflugscafé und Restaurant - schick - schick. Alternativ geht man den östlichen Weg um den Annateich herum und gelangt zur Kleingartenkolonie (übrigens denkmalgeschützt, weil genauso historisch wie der Park) mit dem mit etwas Glück geöffnetem Vereinslokal. Dort kann man sich mit etwas Kühlem oder einem Kaffee (mit und ohne Kuchen) zu zivilen Preisen stärken.