Und schon ist November. Hat das Jahr nicht gerade erst begonnen? So wie die Blätter von den Bäumen fliegen, so fliegt die Zeit. Schaurig.
Und nun hat auch noch Regen den Frost und trübes Dämmern die Sonne abgelöst. Schaurig.
Hannovers schaurige Orte sind deshalb noch ein Stück schauriger. Als ich geschrieben habe, dass es ein Witz sei, dass einer davon die hannoversche SPD-Zentrale ist ... Ich glaube, das war ein Irrtum. Kein Witz.
Der SPD-Kandidat für den Oberbürgermeisterposten ist im ersten Wahlgang zwar krachend herausgeflogen und die Wähler haben die Partei für die Rathausaffäre mit all der Korruption und Inkompetenz abgestraft. Aber die hannoversche SPD scheint noch immer zu meinen, ohne sie ginge nichts. Sie hat, und das ist wirklich kein Witz sondern moralisch höchst bedenklich, beide Oberbürgermeisterkandidaten zum Gespräch eingeladen um 'Schnittstellen' auszuloten und Wünsche betreffend der Besetzung bestimmter Pöstchen. Um hinterher eine Wahlempfehlung für den zweiten entscheidenden Wahlgang zu geben (als wenn die jemand interessiert). Oder nicht. Ich nenne das Korruption. Gibst du mir, geb ich dir. Schaurig.
(Übrigens hat der CDU-Kandidat es abgelehnt, so ein Gespräch zwischen den Wahlgängen zu führen, der von den Grünen fand diese Ablehnung erst falsch, hat dann aber auch - angeblich aus
Zeitmangel, aber wahrscheinlich weil er angefangen hat nachzudenken - abgesagt. Vielleicht weil er selbst mal SPD war bevor er zu den Grünen ging?)
Es gibt aber auch schaurige Orte in Hannover, die ganz offensichtlich schaurig sind. Friedhofsruinen zum Beispiel. Der alte St-Nikolai-Friedhof liegt zentral am Rand der Innenstadt-Fußgängerzone, obwohl er früher einmal vor den Toren Hannovers, in seinem Fall dem Steintor, angelegt wurde. 'Früher' das war gegen/um 1300 nach Chr. und er ergänzte die St-Nikolai-Kapelle und das St-Nikolai-Hospital. Der Friedhof musste immer wieder erweitert werden, Lepra- und Pestepedemien und Kriege forderten Opfer. 1866 wurde er nach roundabout 600 Jahren geschlossen und auf Friedhof Engesohde ausgewichen. (Bereits 1864 war der Gartenfriedhof wegen Überfüllung geschlossen und dafür Engesohde angelegt worden.) Im zweiten Weltkrieg verwüsteten Bomben das Areal und die Kapelle, viel ging verloren. Die Friedhofsfläche ist heute geschrumpft und von Straßen zerstückelt. Grabsteine stehen zwar immer noch auf Rasengrün und als Lapidarium (korrekt übersetzt: 'Steinsammlung') zusammengestellt auf gepflastertem Platz, aber das Ganze ist zu einer historischen Grünfläche mit hohen Bäumen geworden. Das Stadtklima dankt dafür. Nur wenn man vom Shoppen kommt, muss man aufpassen, besonders wenn es schon so früh dunkel wird wie jetzt, denn dann stolpert man unversehens über die großen Grabsteine und die Ruine der Friedhofskapelle.
Wer die kleinen Reste vom Chor und dem Langhaus der Kapelle sieht, kann kaum glauben, wie groß sie einmal war. Das Steinpflaster drumherum zeigt farblich abgesetzt die ursprünglichen Maße. Über eine Treppe kann man sie auch betreten und steht dann in einem der ältesten Gebäude Hannovers.