Der Februar hatte sich vor einer Woche nach viel Grau-Grau-Grau mit einem wunderbar sonnigen Tag verabschiedet.
Perfekt für einen kleinen Familienausflug nach Hameln.
Hameln liegt nicht weit von den Rosebudbears: ein Stündchen Autofahrt durch Dörfer, Wiesen, Äcker und Wald ins Weserbergland.
Wer nach Hameln fährt, kommt um die Rattenfängersage und die Hamelner Ratten nicht herum. Nach der Sage hatte die Stadt im Jahr 1284 eine Mäuse- und Rattenplage und ein Rattenfänger lockte die Tierchen mit Hilfe seiner Flöte in die durch Hameln fließende Weser, wo sie dann ertranken. Woraufhin die Stadtväter vor lauter Freude vergaßen, ihn dafür zu bezahlen. Er rächte sich, indem er die Stadtkinder, angeblich 130, ebenfalls aus der Stadt lockte und sie in einem Berg verschwinden ließ.
Während der erste Teil der Sage wahrscheinlich reines Wunschdenken der Hamelner war, wie man Ungeziefer los wird, liegt dem zweiten Teil wohl die mittelalterliche Auswanderungswelle der
hungernden armen Bevölkerung in die brandenburgischen und mährischen Landesgebiete zu Grunde. Auswanderung gen Osten, auch ein (sehr altes) Stückchen meiner Familiengeschichte. Allerdings
nicht aus Hameln.
Hannover hat im Straßenpflaster einen roten Faden zu den Sehenswürdigkeiten, Hameln nimmt dafür Ratten. Über die erste Ratte stolperten wir gleich nach dem Verlassen der Parkgarage. Außerdem gab es Ratten aus Brotteig zum Essen, Salzteig- und Porzellanratten für die heimische Deko, plüschige Ratten - und einen lebendigen Rattenfänger. Das im 17. Jahrhundert gebaute "Hochzeitshaus" in der Altstadt, in dem - ungelogen - tatsächlich das Hamelner Standesamt untergebracht ist, hat seit 1964 ein Glockenspiel an der Fassade. Dreimal am Tag zieht dort der Rattenfänger samt Ratten und Kindern zu Glockengeläut vor einer hinaufschauenden Menschenmenge seinen Kreis.
Im heutigen Hameln fängt der Rattenfänger keine Ratten mehr, sondern Touristen. Man kann ihn mitsamt Klarinette als Stadtführer buchen oder sich im Sommer sonntags das Rattenfänger-Freilichtspiel
auf der großen Terrasse vor dem Hochzeitshaus ansehen, bei dem Kinder in die Rattenkostüme schlüpfen. Aber sie verschwinden nicht, also nicht echt, schließlich werden sie am darauffolgenden
Sonntag wieder gebraucht.